Und der Kapitän ass zusammen mit dem Chiefingener und dem Funker zusammen im Saloon. Der ist gediegen und grosszügig eingerichtet. Serviert wurden die Herren vom Chiefsteward ganz persönlich! Von der Küche führte ein kleiner Aufzug hinauf in den Speisesaal des Kapitäns. Die Verpflegung ist gut und reichlich, doch ist ein fester Tagessatzt pro Kopf und Tag festgelegt. Der darf nicht überschrittren werden. Den Ausgleich erhält man, wenn man den Monatsetat durch dreissig teilt. Meistens kam ich damit so leidlich durch, und wenn nicht, dann gab es halt Schelte vom Chiefsteward über den Kapitän bis von Reederei. Der Kapitän war Walliser, der Chiefing. Deutschschweizer und der Funker Berner. Die drei assen recht gerne von Zeit zu Zei ein währschaftes Käsefondue wofür der Walliser sich die Zutaten direkt aus der Schweiz zustellen liess. Und wie es sich gehörte, fehlte weder der richtige Wein (Fendent) sowie der übliche Kirsch. Und daran tat ich mich natürlich bei Gelegenheit auch etwas gütlich daran. Einmal erwischte ich wohl etwas zuviel davon und baute einen kleinen Selbstunfall! Die See rollte schon seit Tagen schwer gegen das leere Schiff an (wir fuhren mit Ballast über den Atlantiok) und ich machte meinen allabendlichen Kontrollgang durch die Vorratsräume um nachzusehen ob auch alles fest ist und nichts lose herumfährt.
Und da das Schiff sehr stark rollte und schlingerte, hielt ich mich, sonst schon etwas schwankend, mit der rechten Hand am Türpfosten fest. Das Schiff überholte wieder mächtig, die Aussentür des Gefrierfrigors knallte mir mit ihren 300 Kilogramm voll auf die Finger und das Blut spritzte nur so weg. Ich erschrack ganz gewaltig und meldete mich sogleich beim Sanitäter. Das war der zweite Deck-officer, ein Italiener. Der aberfiehl beim Anblick meiner arg lädierten Hand gleich in die Badewanne im Sanitätsraum. Also musste anderweitig Hilfe angefordert werden.
Es kamen; der Schiffselektriker, der Chiefsteward und der Bäcker. Gemeinsam und mit vereinten Kräften verarzteten sie mir nun die verletzetn Finger und desinfiziert wurde mangels des Richtigen Mittels, das wegen Ausfalls des „Schiffsarztdoktors“ nicht vorhanden war, mit Whyski. Das ging prima – ein bisschen, aber nicht zuviel über die Hand gegossen und der Rest der Flasche veschwand so nach und nach, sozusagen als „Schmerzstillendes Medikament“ in meinem Bauch. Ich darf versichern; nie hat mir auch nur einer der drei durchschlagenen Finger Schmerz-en bereitet. Sogar der in Montreal bereitstehende Arzt fand die drei Finger schon ganz ordentlich gut verheilt. Somit brauchte ich seine Hilfe nicht mehr! Und das dank tatkräftiger Hilfe von Elektriker, Chiefsteward und Bäcker! Doch ein leichtes Spannen in den Fingern ist geblieben und merke ich auch heute noch.
Weniger glimpflich lief ein Unfall im Hafen von Superior, oben in den grossen Seen ab. Da hielten sie eine Lifebootübung ab. Da sich der Elektriker an der Winde und der Bootsmann oben auf dem auszufahrenden Rettungsboot nicht sehen konnten, musste ein Mann zwischengeschaltet werden,um die Befehle zu übermitteln. Ein dummer Zufall oder Missverständnis wollte es, dass der Bootsmann den Schwirbel zur manuellen Bedienung in’s Getriebe eingesteckt hatte und in der Hand hielt, der Elektriker aber den Befehl bekam, die elektrische Winde zu betätigen. Und schon war der Unfall passiert.Dem armen Bootsmann wurde die rechte Körperhälfte gar arg gequetscht, so dass er notfallmässiog an Land in ein Spital eingeliefert wurde. Natürlich mussten wir dann ohne ihn ausfahren.
Wie ich viel später erfuhr, haben ihn die amerikanischen Ärzte wieder gut zusammen bekommen und er konnte nach einigen Monaten heimfliegen.
Aber wüste Unfälle gab es auch im Maschinenraum. Alles ist von einem dünnen, unsichtbaren Ölflim überzogen. Die Treppen sind aus Eisenblech und sehr steil. Rutscht da einer aus, dann saust er bis zu unterst an die Treppe. Meistens überstand das der Unglückliche mehr oder weniger schadlos und manchmal halt auch nicht. Oder die Dampfdruckrohre! Wenn eines davon leck wurde, und das kam schon mal vor, dann zischte der brühendheisse Dampf ohne Warnung hinaus und wehe, wer dem im Wege stand. Der verbrannte sich fürchterlich.
Für solche Fälle hatten wir ein kleines Bordspital an Bord. Der Arzt war der zweite Navigationsoffizier. Da standen vier Betten, das übliche Gerät wie in einer Landarztpraxis, ein Badezimmer und eine Liege. Da konnten dann die Patienten auf gut Glück behandelt werden.