Die Geschichte einer gefährlichen Golfreise

Am Freitag, dem 22. Juni 1984, kurz nach dem Mittag, kam ein Anruf von der netten Dame aus der Arbeitskräftelenkung des Flottenbereichs Asien/Amerika. Auf der „Neubrandenburg“, einem Schiff vom Typ: XD, gab es Probleme mit der Dieselfernsteuerung des Hauptmotors. Das bedeutet, daß in so einem Fall die Maschine auf See nicht mehr wachfrei gefahren werden kann. Es muß dann ganz konventionell Wache gegangen werden. Dazu war ein zusätzlicher Wachingenieur notwendig. Der Auserwählte für diese Aufgabe sollte ich sein, wahrscheinlich weil ich durch die Arbeitskräftelenkung am einfachsten zu greifen war.

Meine Musterung.

Meine Musterung.

Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Alles was ich mir vorgenommen hatte, war nicht mehr durchführbar. Das Schlimmste aber: MS „Neubrandenburg“ sollte schon am nächsten Vormittag in den Persischen Golf auslaufen. Damit war auch klar, daß der vierte Sommer in Folge in der Heimat ohne mich statt fand, denn vor September war an eine Rückkehr nicht zu denken. Die Stammbesatzung ging fast komplett in Urlaub. Somit waren wir eine ziemlich zusammengewürfelte Truppe. Das hatte den Vorteil, nicht immer gleich zu wissen, was ein Gesprächspartner sagen wollte, wenn er den Mund nur öffnete. Die Ausreise ging über Rotterdam, Antwerpen, London und Bilbao. Bei einer Kontrolle am Hauptmotor in Rotterdam fanden sich Kolbenringbruchstücke. In den nächsten beiden Häfen auf dem Kontinent mußte dann jeweils ein Kolben am Hauptmotor gezogen werden. Am 19.07. passierten wir den Suezkanal und am 27. Juli nachmittags war der erste Löschhafen Das Island, eine kleine Insel im Persischen Golf vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate erreicht.
Für mich war es seit März 1982 bereits die fünfte Reise in den Persischen Golf mit immer den gleichen Anlaufhäfen. In Kuwait, Dubai und Abu Dhabi wußten wir wo die Blutbank war, um ein paar Mark zu dem kargen Handgeld dazu zu verdienen. Es war zwar streng verboten, aber es machten die meisten Besatzungsmitglieder davon Gebrauch. Auffällig machte man sich immer dann, wenn man vor dem Frühstück los marschierte und nachmittags bei der mörderischen Hitze mit langärmligen Hemd herumlief, um die Einstiche zu bedecken.

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