Aber auch in den Mannschafts- und Offiziersmessen sah es nicht besser aus. Da das Schiff einen gehörigen Sturm abgeritten hatte, war vom Geschirr nicht mehr viel übriggeblieben. Und zum Geschirr einkaufen fühlte sich wohl niemand zuständig! So fuhren wir also sehr schlecht ausgerüstet aus und Richtung Süden zuerst nach Marokko.
Dass die Mannschaft unzufrieden war, war offensichtlich. Sie reklamierten das Essen, sie reklamierten vor allem das wenige noch übrige gebliebene Geschirr wie Teller, Tassen, Gläser. Zum Teil verpflegten sie sich aus leeren Konservenbüchsen. Vor allem mangelte es aber an Gläsern! Und vielem Andern noch.
Aber auch die Unterkünfte gaben zu Unzufriedenheit Anlass. Sie waren eng, heruntergekommen, dunkel und vor allem sehr lärmig und in den Tropen fürchterlich heiß. Die Leute hatten zwar mit viel Fleiß, Fantasie und Farbe die Räume und Korridore etwas wohnlicher gestaltet. Aber veraltet bleibt halt veraltet. Zudem war es fürchterlich lärmig da hinten auf Achtern! Die Rudermaschine war da untergebracht und die Antriebswelle drehte sich auch sehr geräuschintensiv. Also, die Reklamationen konnte ich wohl verstehen, nur etwas dagegen tun, das konnte ich auch nicht.
Wir waren also auf der Fahrt nach Süden und sollten demnächst in Casablanca eintreffen. Und endlich lagen wir da am Kai, ziemlich außerhalb der Stadt. Hier sollten wir Phosphat laden aber was die wenigsten von uns wussten war, dass das eine ungeheuer staubige Angelegenheit war. davon sollten wir noch auf dem größten Teil der Reisen „genießen“!
Der sehr feine Staub drang durch alles durch, auch durch die festverschlossenen Bullaugen!!! Und erst im Lebensmittelstore! Der Staub drang auch in die mit Plastik verpackten Teigwaren, Reis usw. ein. Das knirschen beim essen zwischen den Zähnen und war von nun an ein ganz normales Geräusch. Von Casablanca sah ich leider nicht sehr viel, da ich in der ersten Zeit als neuer Chefsteward ganz ordentlich ran musste. Überall merkte ich die lange Abwesenheit meines Vorgängers. Und in die Büroarbeiten musste ich erst durch den ersten Steuermann eingearbeitet werden. Der aber sprach partout nur französisch was bei mir manchmal etwas zu Verständnisproblemen führte. Und so gar geduldig war der Mann auch nicht. Und was vor allem fehlte war eine Rechenmaschine! Die musste ich mir jedes Mal beim Kapitän oben im Salon ausleihen. Das war ein Modell, dem man die Zahlen mittels Wählscheibe wie bei einem Telefon eingeben musste. Und schwer war das Ding auch! Nicht umsonst war der Alte sehr besorgt um dieses gute (und einzige) Stück. Drei Decks herunter tragen, dann wieder drei Decks die steilen Treppen hinauf war manchmal nur mit akrobatischen Verrenkungen zu bewältigen.
Zwischendurch musste ich mich auch als Metzger betätigen, also Fleisch ausbeinen und zerlegen in Pfannenfertige Stücke. Doch die Qualität ließ mehr als nur zu wünschen übrig. Wo nur hatten die dieses missliche Fleisch gekauft? Nicht nur war es überlagert und viel zu mager, es hatte auch durch zu langes Lagern gehörig an Gewicht verloren. Und das wiederum ging von den Portionen ab, was die Mannschaft ganz und gar nicht gôutierte! Und damit lagen sie zuerst einmal dem Koch in den Ohren. Der wiederum gab der Reederei die Schuld. Aber schlussendlich blieb das ganze dann doch an mir hängen.
Der zweite Deckoffizier lag mir in den Ohren, ich hätte die Portionen willkürlich gekürzt. Und der erste hatte Freude an diesem Unfrieden!
Doch außer dem Chiefingenieur begriff oder wollte niemand begreifen, dass das ein Qualitäts- und Lagerungsproblem war. Und nie habe ich erfahren, woher das Fleisch stammte! Vermutlich aus einem afrikanischen Staat. Lernte ich dann später selber kennen, warum und wieso. Fürs erste hatte ich nun erst einmal die Mannschaft zu beschwichtigen. Das war nicht einfach. Dann kam noch das mangelnde Geschirr und Gläser dazu, die schlechte Unterkunft und so weiter.