Der durchgedrehte Koch

2. Liverpool-Casablanca.

Nun waren wir also auf Fahrt. Den Kapitän, ein Indonesier mit holländischem Passporto habe ich begrüßt und mich so gut es eben ging, den Leuten vorgestellt. Alle sind ja nie gleichzeitig anzutreffen außer während der Essenspausen und auch hier nur wer wachefrei war. Den nervösen Koch habe ich schon erwähnt. Mit dem Bäcker/Pâtissier bin ich schon auf dem vorherigen Schiff gefahren. Ein sehr angenehmer und ruhiger Welschschweizer. Es freute mich ungemein, ihn auch auf diesem Schiff dabei zu haben.

Casablanca.

Genova.

Der erste Messboy war ebenfalls ein Welschschweizer sowie auch der zweite, der zugleich auch die Pantry und andere Arbeiten besorgte. Kurzum, die französische Sprache herrschte vor im Steward-Departement. Mit dem Koch besprach ich den laufenden Menuplan und versuchte zugleich heraus zu finden, mit wem ich es hier zu tun habe. Die übrige Mannschaft war recht zusammengewürfelt. Da waren die Italiener, die Holländer, Jugoslawen, ein Deutscher Maschinenoffizier. Sogar zwei Portugiesen hatten wir mit an Bord. Und das waren noch die nettesten!

Meine Kabine war wie gehabt. Einfach aber zweckmäßig eingerichtet. Sie diente mir aber zugleich auch als Büro. Darin hatte ich also die ganzen administrativen Stewardarbeiten zu bewältigen. Ohne Rechen- und Schreibmaschine. Dabei gab es ja nun wirklich nicht wenig Arbeit und ich fragte mich manchmal, wieso diese nicht auf dem gut ein-gerichteten Reedereibüros gemacht werden?

Wohl um den Chiefsteward mehr zu beschäftigen! Wenn die wüssten, dass der nun wirklich nicht nur Zeit fürs Büro hat! So waren da einmal die Menüs zu schreiben. Das geschieht wöchentlich. Da sie sich aber mindestens einmal pro Monat wiederholten war das gut zu bewältigen. Dann diese elenden Storedeklarierungen für den Zoll. In jedem Hafen kamen die an Bord und wollten genau wissen; wie viele Zigaretten, Whisky, Bier und den ganzen Rest, was der Mannschaft Freude machte, an Bord mitgeführt wurde. Die Bestellungen für den Lebensmittelstore wurden vom jeweiligen Schiffshändler gleich nach dem Einlaufen des Schiffes im Hafen abgeholt. Überhaupt, mit den Schiffshändler erlebte ich so einige Sachen! Zuerst einmal überfielen sie das Schiff in Schwärmen. Jeder wollte der erste sein. Jeder wollte in’s Geschäft kommen. Jeder versprach das blaue vom Himmel – sprich Rabatte, Prozente, Geschenke usw.

Dabei hatte ich genaue Direktiven bei wem und wo und wie viel ich kaufen durfte. Die Rechnung ging ja dann an die Reederei. Dort wurde sie nochmals in Franken umgerechnet nachdem ich diese mühsame Arbeit schon an Bord gemacht habe. Nachdem ich manchmal duzende von Visitenkärtchen und Ausweise kontrolliert hatte und unseren Händler gefunden hatte, konnte wir uns in die Messe setzen und die „Besprechung“ begann. Meine Reederei hat wie jede andere ja auch, ihren eigenen Agenten und Schiffshändler im jeweiligen Hafen. Der Einkauf richtete sich auch nach Reise, Reisedauer Jahreszeit usw. War es zum Beispiel Las Palmas, dann wurde dort groß und für die nächsten Monate eingekauft. Mit Rotterdam war das der günstigste Hafen im westlichen Europa.

Auf diesem Schiff aber lief das alles nicht so wie es hätte richtigerweise laufen sollen. Und das erklärt vielleicht auch die Nervösität des Koches! Aber da muss ich etwas weiter ausholen. Also, auf der letzten Reise dieses Schiffes verunglückte der Chiefsteward, also mein Vorgänger. Ich kam als Ersatz auf dieses Schiff. Und Erfahrung als Chiefsteward hatte ich nur wenig da ich ja vorher nur als Koch gefahren bin!. Immer war ich als erster Koch gefahren. So war ich dann auch auf die Hilfe des ersten Deckofficers angewiesen. Der nützte allerdings dann diese Gelegenheit auf das aller niederträchtigste aus!
Die für die eher ungewöhnlich lange Reise war die von eben diesem zweiten ,dem Kapitän und dem Funker (!) aufgegebene Bestellung war ja schon an Bord und teilweise auch schon in den betreffenden Lagern und Kühlräumen verstaut. Und welche Ware! Alles andere als erste Qualität und wie mir schien, nur das billigste. Und als ich dann auch noch die zwei Weihnachtsbäume unter einer Treppe entdeckte – es war ja noch im Monat November, wunderte mich nichts mehr. Weihnachten wurde im Suezkanal gefeiert und bis dann hatten diese beiden Tannenbäumchen ihre Nadelpracht schon längst verloren! Also, Reklamationen war so schon vorprogrammiert. Und vor allem das Fleisch war in einem erbärmlichen Zustand! Zu mager, zum Teil kälteverbrannt (zu langes Hängen/Lagern im Tiefgefrierraum) das gibt dann so eine grauweiße trockene Schicht am Fleisch und muss weggeschnitten werden bei der Verarbeitung.

Tagged , .Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert