Der durchgedrehte Koch

Der Koch

Ja, und eines Tages stand der Koch mit dem gezückten Messer vor mir und wollte mich abstechen. Nie mehr seither, habe ich ein so von wutverzerrtes Gesicht und eine so zitternde Gestalt gesehen wie jetzt! Der Kerl war ganz eindeutig durchgedreht. Nur dank dem Bäcker und den beiden Stewards blieb ich unverletzt. Nun kam auch der zweite Steuermann angeschossen, durch das wilde Geschreie des verrückt gewordenen Koches aufmerksam geworden.

Der flitzte zurück und kam gleich darauf wieder mit einer großen Beruhigungsspritze zurück. So brachten wir den außer Rand und Band geratenen Koch wieder zur Ruhe. Doch, was nun? (Der wurde dann in Colombo auf Sri Lanka an Land gesetzt) Einstweilen wurde er in seiner Kabine eingeschlossen.

Er beschuldigte mich, ihm zu wenig, zu schlechte und zu alte Ware zu Verfügung zu stellen. Damit könne er der Mannschaft kein rechtes Essen kochen. Nun, obwohl das ja im Grunde genommen auch zutraf, was konnte aber ich denn dafür? Ändern konnte ich im Moment nichts.

Das schlimme für mich aber war; ein Teil der Mannschaft war mit ihm gleicher Meinung, das alles nur meine Schuld war – auch der Bäcker und fast die gesammte Mannschaft. Es stellte sich dann aber später heraus, dass der erste Offizier hinter allem steckte und er die Mannschaft gegen mich u n d den Kapitän aufhetzte. Kein Wunder; er hatte ja das Schiff fast fest in seiner Hand und wollte wahrscheinlich nur an die Stelle seines versoffenen Kapitäns treten. Leider war ja nur zu wahr, dass ER das Schiff befehligte und der alte ohne ihn aufgeschmissen gewesen wäre da der zweite Steuermann auch nicht gerade ein großes Licht war.

Coole Jungs.

Coole Jungs.

Als ich ihm einmal sagte; ich werde mich dann für all seine Mühe, mich in die Rechnungsführung einweiht zu haben, erkenntlich zeigen, antwortete er hämisch; das werde er dann schon sagen was das kostet! Was er damit meinte, erfuhr ich dann als er im nächsten europäischen „Abgemustert“ wurde. Als wir wieder zurück aus Asien in einem wichtigen Westafrikanischen Hafen lagen (Dakar) kam der Schweizerkonsul an Bord um sich um diese komischen Verhältnisse zu kümmern und zu untersuchen. Da war der Kapitän, der im Dauertrunkenheitzustande lebte. Da war ein latenter „Meutererzustand“, der durchgedrehte Koch – warum drehte er durch? Bei der Antrittsmusterung war er ja durchgekommen. Die Untersuchung ergab schlussendlich, dass ich an der Misere an Bord keine Schuld habe. Der Koch war der Belastung auf so einem Schiff nicht gewachsen. Dass der erste Steuermann ein Rädelsführer sei und die Mannschaft systematisch gegen den Kapitän, Chefsteward und auch gegen den Koch aufgehetzt habe. Aber auch die Reederei hatte einiges einzustecken! Als der frühere Chefsteward ausgefallen war, hat sie keine kompetente Person rechtzeitig auf das Schiff entsannt. So lag der Einkauf für eine sehr lange und schwierige Reise in den Händen die für diese Arbeit nicht qualifiziert waren. Ich hatte ja keine Möglich keit mehr, etwas zu ändern. Das Schiff wartete ja nur noch auf mich und lief bei meiner Ankunft sofort aus. Der erste Offizier verließ das Schiff in Genua noch bevor die Gangway die Pier berührte. Aber nicht mit leeren Händen ging er, nein, zwei schwerbeladene Taschen trug er mit sich – gefüllt mit dem Silber der Offiziersmesse. Fast alles hat der Kerl mitlaufen lassen was wertvoll war. Und er entging auch einer Strafverfolgung – wegen mindestens schwerer Unruhestifterei. An Bord wurde sogar gemunkelt, er hätte in einem englischen Hafen einen Mann ermordet und dann ins Hafenbecken geworfen. Doch diese Geschichte war so ziemlich unklar aber, so wie ich diesen Mann jetzt kannte, nicht unwahrscheinlich. Ein interessanter Fall ohnehin für die Psychiatrie!

Am Ende...

Am Ende…

Das etwas wahr an der Geschichte sein konnte, entnahm ich folgender „Anweisung“ vom Holländischen Chiefingener. Der brachte mir eines Abends eine Pistole in die Kabine mit der gleichzeitigen Empfehlung, nur noch bei abgeschlossener Kabine zu schlafen. Der Chiefingenieur war überhaupt die einzige Vertrauensperson die ich an Bord hatte. Kam dazu, dass er nicht mit dem Kapitän zusammen im Kapitänssalon essen wollte. Er speiste immer mit den Schiffsoffizieren in ihrer Messe. Und auch sonst wollte er mit dem „Alten“ nichts zu tun haben.

Ich machte dann noch einige Reisen auf demselben Schiff, aber mit einer ganz anderer Besatzung und unter französischer Flagge und Kommando in einem „“spezial Auftrag.“ Doch davon (vielleicht) später.

Niedergeschrieben und zur Verfügung gestellt von Franz Manser, die Bilder entnahm der Author von Swiss-Ships.ch. Die Rechte liegen bei ihm.

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