Hurra, nun bin ich Seemann!

Es ging ja gut los...

Es ging ja gut los…

Jetzt sahen wir, was uns erwartete, mächtige Kolben und Zylinderbuchsen von bisher unbekannten Ausmaßen lagen auf dem Boden. Uns wurde eindeutig klar gemacht, dass diese Teile noch heute  zu verstauen wären, eher gäbe es keinen Feierabend. Gemeinsam mit einigen Maschinen-Assis der Stammbesatzung ging es unter Anleitung eines Ingenieurs an die Arbeit. Erstmals betraten wir den Maschinenraum, der unsere neue Arbeitsstelle sein sollte. Wie staunten wir, als wir die vier Hauptmaschinen sahen, die jede 8 Zylinder hatte. Vor allem imponierten uns die Größe und die Höhe des Raumes. Waren wir bis zu diesem Zeitpunkt noch von Müdigkeit gezeichnet gewesen, machte auf einmal die Arbeit richtig Spaß, und nach drei Stunden war alles vergessen. Nun konnten wir endlich Feierabend machen. Ein Kollege der Stammbesatzung bot sich an, uns Warnemünde zu zeigen. Schnell hatten wir uns landfein gemacht, Abendbrot gegessen und los ging es. Mit einer Barkasse, welche die in Warnemünde wohnenden Hafenarbeiter nach Schichtschluss nach Hause brachte, fuhren wir Richtung Warnemünde. Jetzt sahen wir erstmals die See, auf der wir in wenigen Tagen mit unserem Schiff in die weite Welt fahren würden. Nachdem wir uns in Warnemünde etwas umgesehen hatten, suchten wir eine kleine Gaststätte auf und ließen uns das Bier schmecken. Von unserem Begleiter erfuhren wir viel Interessantes über die Arbeit an der Maschine und die Seefahrt im Allgemeinen. Gebannt lauschten wir seinen Erzählungen über die letzte Reise der „Dresden“, die bis nach Indonesien gegangen war. Ein Blick auf die Uhr zeigte uns an, dass wir nun aufbrechen mussten, um den letzten Zug zu erreichen, der von Warnemünde bis zum Überseehafen fuhr. Dort angekommen, wurden unsere Seefahrtsbücher erneut genau kontrolliert und wir durften passieren. Nach wenigen Metern waren wir auf dem Schiff, betraten die Kammern und ließen uns in die Kojen fallen, wo wir, vollkommen erschöpft, sofort einschliefen.

Am nächsten Morgen wurde ich durch mir völlig unbekannte Geräusche geweckt und wusste im ersten Moment überhaupt nicht, wo ich war. Das Kreischen der Eisenbahnwaggons, das Rattern der Kräne, das Hupen der Autos, die Stimmen der Stauer,  ja das waren die typischen Geräusche eine Hafens, wie man sie zur damaligen Zeit in allen Häfen der Welt vorfand. Dabei  machte der Überseehafen von Rostock keine Ausnahme. Schnell Morgentoilette gemacht und gleich zum Frühstück in die Mannschaftsmesse gegangen. Dort bekamen wir ein sehr reichhaltiges Frühstück vorgesetzt. Sogar Bohnenkaffee, der wirklich diese Bezeichnung verdiente. Darüber mussten wir wirklich staunen, gab es diesen zu Hause doch nur bei besonderen Anlässen. Nach diesem opulenten Mahl  zogen wir unsere Arbeitskleidung an und begaben uns in den Maschinenraum, wo wir schon erwartet wurden. Dort stand schon der damalige III. Ingenieur der „Dresden“, Herr Gerd T. Er machte sich mit uns auf den Weg durch den Maschinenraum  und erklärte uns ausführlich das gesamte Betriebssystem. Den Höhepunkt bildete der Aufstieg von der untersten Bilgenplatte bis hinauf in den Schornstein. Das war alles mächtig gewaltig und ein riskierter Blick in die Tiefe lehrte uns, dass künftig Vorsicht geboten sein wird. Anschließend wurden wir zu Aufräum- und Reinigungsarbeiten eingeteilt. Von dem, was sich außerhalb des Schiffes abspielte, bekamen wir sehr wenig mit. Nur zu den obligatorischen Zigarettenpausen begaben wir uns an Deck und sahen, welch rege Betriebsamkeit an der Pier herrschte. Da standen die LKW`s, welche den Proviant anlieferten und solche mit Schiffsausrüstung, aber auch jene, die Getränke wie Bier, Cola und Selterwasser geladen hatten. Das war ein Durcheinander, denn jeder Fahrer wollte als erster seine Ladung vom LKW haben. Alles deutete darauf hin, dass es jetzt bald losgehen wird. Außerdem erschienen nun die Mitglieder der Stammbesatzung, die aus dem Urlaub zurück kamen. So verbrachten wir den Tag, ohne uns überarbeitet zu haben.

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