Gefährliche Fracht

Irgendwo an der Westküste Afrikas…

Leichtes schaukeln weckte mich aus dem Schlaf. Aha, wir sind also schon ausgelaufen. Es muss mitten in der Nacht sein. Was ich immer sehr gerne getan habe und nie versäumte; mit leisen Wehmut sah ich dem fast unmerklich entschwindenden Hafen und die ihn umgebende Stadt nach. Immer kleiner und kleiner wurden die Lichter bis sie dann gänzlich hinter dem Horizont im Wasser vesanken. Voraus streckte ein Leuchtfeuer seine tastenden Finger in die dunkle Nacht , ein nautischer Wegweiser für die Sicherheit der Seefahrt. Also eine ruhige und gute Nacht all jenen an Land gebliebenen Menschen! Komisch, aber ich fühle mich immer wieder wie neu in die grosse Freiheit entlassen, wenn wir mir dem Schiff ausgelaufen sind. So ein befreiendes Gefühl. Ganz gleich, wohin die Reise ging, oder wie lange sie dauert, immer hatte ich so das beruhigende Gefühl der Geborgenheit und Frieden. Dabei ist ein Schiff ja eher ein Gefängnis mit sehr beschränkter Bewegungsmöglichkeiten. Hier hies es: An Bord geblieben und seiner Arbeit nachgehen und seine Pflicht treu und redlich erfüllen. So steht es in jedem Heuervertrag drin, das wir das müssen und uns dazu verpflichtet haben.

Nicht immer war es in der Bucht ruhig, es gab immer wieder tropische Stürme. Wir alle sind fest in der Hand des Kapitäns und seiner Offiziere. Ihre Wünsche und Anweisungen sind uns Befehl. Wiederrede ist nie erlaubt und hat auch keinen Sinn, aber es können und dürfen wohl Vorschläge zur Verbesserung der Arbeit oder vorallem zur Verbesserung der rentablitäts-steigerung des Schiffes gemacht werden. Manchmal werden sie sogar berücksichtigt, seltzen honoriert.

Nicht immer war es in der Bucht ruhig, es gab immer wieder tropische Stürme.

Nicht immer war es in der Bucht ruhig, es gab immer wieder tropische Stürme.

Nochmals verlangsamt sich die Fahrt und der Lotse gehtvon Bord. Er wird von einem Lotsenmotorboot abgeholt genau so wie er auch beim ankommen eines in den Hafen einlaufenden Schiffes den Lotsen bringt. Manchmal vollführten sie wahre Zirkus-akrobatik beim hochklettern der Jakobsleiter (Strickleiter) die bei bewegtem Seegang ganz bedenklich schwankte. Aber nie habe ich einen von diesen Lotsen in’s Wasser fallen sehen. Wackere Burschen sind das. Ein Lotse wird in unbekannten, event. gefährlichen Gewässern verlangt. Nur sie wissen, wo die vielfältigen Gefahrenherde für ein Schiff befinden. Untiefen, Riffe, Strömungen unsichtbare Hindernisse können das sein. Doch manchmal ist es einfach zu gefährlich für ein Schiff, selbständig in ein Hafen einzulaufen. Kommt noch dazu, dass ein Schiff bei langsamer Fahrt nur noch schwer steuerbar ist und es oftmals der Hilfe von Hafenschleppern benötigt die es an seinen Liegeplatz bugsieren. Eine Massarbeit ist das die eine unbeschreibliche Präzision bedarf. Oftmals, vorallem bei schlechtem und kaltem Wetter baten die Lotsen um heissen Tee oder einen starken Kaffee den ich ihnene auch sehr gerne auf die Brücke brachte. Das gab mir immer wieder die Gelegenheit, neben dem Steuerruder zu stehen und ihnen bei der faszinierdenden Arbeit zuzusehen. Der wachthabende Matrose bediente das Steuerrad, das auch noch ein wrkliches hölzernes Rad war mit seinen vorstehenden Griffen und auf einem Messingsockel montiert war. Dahinter stand der wachhabende Offizier, der Kapitän leicht im Hintergrund und der Lotse gab leise seine präziesen Anweisungen. Besonders gefiel mir diese wohl-tuende Ruhe auf der Kommandobrücke. So richtig erhaben fühlte man sich da oben,so ganz in einer anderen, schon beinahe unwirklichen Welt. Licht durfte ja keines brennen, nur die Signalleuchten gaben ein difuses Licht, ja eher nur eine andeutung von Helliogkeit von sich. Manchmal wurde per Schiffstelegraf ein Kommando in den weit unten liegenden Maschinenraum gegeben, dann herrschte wider totale Stille. Ein gelegentliches knarren der Armaturen oder Wandverkleidungen, das leichte quitschen des Steuerrades, das gleichmässige surren des Kreiselkompasses, das angespannte Atmen der Leute und ansonsten himmlische Stille.

Das Leben an Bord eines Hochseeschiffes.

Nach einem Auslaufen aus dem Hafen sind wir wieder ganz unter uns und uns selbst überlassen und jeder wieder mit seinen Problem so mehr oder weniger alleine. Sicher, wir haben eine Mannschafts-, eine Offiziersmesse und der Kapitän hat seinen meist mit leichtem Hauch von Luxus umgebenen Salon. Nur, da haben natürlich die Mannschaftsränge nur äusserst selten Zutritt.Meist ist auch eine kleine und bescheidene Bibliothek vorhanden. Aber meistens werden in der Messe oder auf den Kabinen enlose Palaver geführt. Oder man spielt Karten. Was soll man auch anderes tun? Da sitzt man stundenlang mit einem Fläschchen lauwarmen Bier in der Hand und tauscht Erfahrungen und Erlebnisse aus. Seemannsgarn nennt man das auch. Fernsehen und Radio oder Spielgeräte gab es damals noch nicht. Radio ja, aber nur über Kurzwelle und somit selten von guter Ton-qualität. Essen,Trinken und Rauchen sind desshalb die wichtigsten „Zeitvertreiber.“ Ich konnte aber auch stundenlang vorne am Steven liegend in’s rauschende Meer träumen.

Da vorne ist es fast gänzlich still, nur der die Fluten durchschneidende, eiserne Bug brachte das Wasser zum angenehmen rauschen und schäumen. Manchmal sah ich auch vergnügt spielende Delfine oder etwas weiter enfernt auf- und wieder untertauchende Wale. Auch Tümmler und fliegende Fische waren zu sehen und das nur, weil hier Vorne noch Ruhe herrschte. Weiter hinten begann schon der Lärm der Maschine, der Schiffsschraube (Propeller) die Meereslebewesen zu erschrecken und zu ver-treiben. Das muss ja ein höllenlärm sein für die da unten unter dem Wasser. Arme Fische und Co. Möven flogen fast unablässig und unermüdlich hinter uns her. Die stört offenbar der schwarze, ölige Rauch der träge aus dem Schornstein quillt nicht. Am meisten freuten sich die weissen, ewig schreienden Vögel, wenn der Messboy die Küchenabfälle über Bord warf. Da hatten sie dann ein Festessen und nicht nur von der Wucht des Propellerwasser verursachten Druck zerquetschten Fische. Überhaupt: Möven! Sie begleiten die Schiffe von Europa nach Amerika und auch wieder zurück. Ein grossteil ihres Lebens verbringen diese eleganten und schönen Vögel fliegend in der Luft. Nur des Nachts ruhen sie sich auf den Masten und Drähten aus und das nur für ein paar wenige Stunden. Sonst fliegen und fliegen sie ohne Unterlass, ohne Pause. Oft warfen wir zum Zeitvertreib Brotbrocken oder Fleischstücke in die Luft.

Dann schossen sie wie Pfeile auf die Beute und erwischten diese mit unfehlbarer Sicherheit noch bevor sie in’s Wasser fiel. Wir hatten ein Kapitän, der machte sich das Vergnügen,mit seiner Winchester auf diese munteren Tiere zu schiessen. Wir baten ihn, damit aufzuhören, denn uns machten die ja keinen Schaden und belästigten uns nicht. Er schoss nicht mehr. Ein braver Mann. Hinterher erzählte er uns dann einmal, er hätte gesehen, wie die Möven einem Seemann, der erschöpft im Wasser trieb, die Kopfhaut aufgepickt hätten was dann zu seinem Tode geführt habe. Nun, möglich ist auch dies. Wir glaubten ihm. Übrigens; auf Schiffen ist der Mannschaft das besitzen von Waffen streng verboten. Die Gründe hierfür dürften ja jederman bekannt sein.

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